XXX

Moderation

Gregor Neaga

Der gute Geist an der allzeit griffbereiten Gitarre

Gregor Neaga moderiert den Talent-Treff im Alten Amtsgericht seit Jahren

Wie lange er schon Moderator des "Talent-Treffs" im Alten Amtsgericht ist, das weiß er nicht. Können sechs, sieben Jahre sein. Das nimmt Gregor Neaga nicht so wichtig. Dabei ist er mutmaßlich der wichtigste Mann der beliebten Sessions auf dem Schlossberg. Denn wenn der Conférencier nix taugt, schwächeln die besten Musiker. Wenn sie dann überhaupt kämen.

Daran, dass die Talente seit Jahren indes scharenweise in den Keller der Hausnummer 11 hinabsteigen, hat Gregor Neaga immensen Anteil. 56 ist der Böblinger, der aus Fulda stammt. Er ist der lebende Beweis dafür, dass aus der Reifenstadt Fulda nicht nur profilierte Pneus und konservative Politiker stammen (Alfred Dregger, Bischof Dyba). Sondern auch offener Weltgeist. Musikalisch und auch darüber hinaus. Gregor Neaga ist der ruhende Pol des Talent-Treffs. Seine Augen verraten knitzen Humor und sein wacher Ausdruck will einen kaum glauben lassen, dass der 56-Jährige soeben zum zweiten Mal Großvater geworden ist.

Mittwochabend, 20 Uhr. Eine Stunde vor Beginn der Jam-Session. Neaga wuchtet Lautsprecher durch den Saal, checkt die Verstärkeranlage. Und während die Künstler nach und nach in den Keller tröpfeln, notiert er die Reihenfolge der Interpreten. Neaga ist beliebt bei den Instrumentalisten, bei den Bands, den Blues-Bard(inn)en. Weil hinter seinen angegrauten Bart Charme und Kommunikationstalent stecken. "Er passt genau ins Schema - menschlich wie musikalisch", ist der 83-jährige "AG Song"-Chef Werner Grunert voll des Lobes. Schließlich seien die Musiker emotional, sensibel, oft auch aufgeregt. Sie spicken mitunter mehrfach unverbindlich in so einen Abend hinein, bis sie den Mut finden, ihr Können auf die Bühne zu bringen. Neaga hat die Antenne, was es dafür braucht. Und: Er hat Improvisationstalent, nicht nur in seiner Moderation, sondern auch auf sechs Gitarrensaiten. Der 56-Jährige ist zwar "nur" Autodidakt. Aber er bringt Erbmasse mit. Seine Mutter war Musiklehrerin. Kaum eine vom Taschengeld gekaufte Platte, die der junge Gregor nicht nachgespielt hätte. So was schult das Gehör für Akkordfolgen. "Das hier ist eine unter Amateurmusikern beliebte Art aufzutreten", sagt Neaga. Aber viel zu selten. Das sei in den USA, wo der ehemalige IMBer sechs Jahre lang gelebt hat, anders. "Open Stage" und "Open Mic" ("Mic" für Mikrofon) heißen dort die Bühnen, die die Musiker nacheinander und im bunten Mix zusammenbringen. Bis der Saal tobt und die Stimmung am Siedepunkt ist.

Gregor Neaga, heute freiberuflicher Unternehmensberater, macht auf der Bühne Musik, seit er 13 ist. Tanzmusik hat er damals gespielt, als Elektrogitarrist in einer Bigband. Später kam die Leidenschaft für den Jazz hinzu. Nur aktiv spielen tut er ihn selten. "Da fehlt mir die Routine des Improvisierens", gibt der Besitzer von sieben Gitarren unumwunden zu.

Doch wenn eine(r) einen Evergreen wie Carole Kings "You've got a friend", Gershwins "Summertime" oder Stevie Wonders "You are the sunshine of my live" anstimmt - dann steigt Gregor Neaga mit ein. Die Akkordfolgen hat er in nullkommanix raus. Als "Jamie Brown" und "Intergalactic Katharina", zwei markante Frauenstimmen, zusammen mit E-Bass, Schlagzeug und Congas den "Long Train Running" der Doobie Brothers dampfen lassen, zupft Neaga eine Bluesgitarre dazu. Mutig. Aber es passt.

Ob er, der Routinier, eigentlich noch aufgeregt ist an so einem Abend, Lampenfieber hat? Der Mann in der Jeansjacke schmunzelt: "A bissel Spannung braucht man schon als Moderator." Lydia (43) und Sibylle (39) finden ihn jedenfalls prima, diesen Unterhalter, Zwischenansager, Impulsgitarrero: "Der ist nie gestresst _ und meistens ganz lustig." Was einer der Gründe dafür ist, dass die fröhliche Stimmung im Amtsgerichtskeller oft bis um 1 Uhr nachts noch nicht heimgehen will.

Böblinger Kreiszeitung, im Januar 2004

Siegfried Dannecker

© pagita > musiksession > Moderation